Der große Wurf
Neues Verkehrsnetz
Bessere Verbindungen und Anschlüsse, schnellere Takte und weniger Wartezeiten: Im Mai 2019 bekommt die Hagener Straßenbahn vom Stadtrat das „Go“ für einen vollkommen neuen Fahrplan. Zwar haben die Fachleute schon eine Menge Vorarbeit geleistet. Aber nun gilt es, in Windeseile die Pläne auch umzusetzen. So gut wie alle Bereiche des Verkehrsunternehmens sind involviert, in kürzester Zeit müssen die vielen Räder perfekt ineinandergreifen. Eine Geschichte in mehreren Kapiteln und mit einem guten Ende.
Mobilitätswende
Hagen hat zwei „Hot Spots“. Nein, nicht das Osthaus Museum oder das Freilichtmuseum, sondern den Graf-von-Galen-Ring und den Märkischen Ring. Denn dort werden regelmäßig erhöhte Stickoxid-Werte gemessen. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft wird überschritten. Hauptverursacher sind die vielen Autos und Lastkraftwagen und zu einem kleinen Teil ist es auch die Hagener Straßenbahn (HST): Denn am Graf-von-Galen-Ring liegt der Busbahnhof, dort treffen viele Linien zusammen. Mit einem Masterplan „Nachhaltige Mobilität“ soll die Luft in Hagen, besonders in der Innenstadt, besser werden. Der Stadtrat hat ihn 2018 einstimmig verabschiedet. Der Plan setzt unter anderem auf einen attraktiveren Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das Verhältnis zwischen Individualverkehr (zwei Drittel aller Wege werden mit Autos zurückgelegt) und ÖPNV (nur ein Sechstel) soll sich in Richtung emissionsärmerer Transportmittel entwickeln. Busse zählen dazu: Denn sie stoßen je Fahrtkilometer und mit durchschnittlich 20 beförderten Personen nur 28 Milligramm (mg) Stickoxide aus, ein PKW hingegen 415 Milligramm. Die Bilanz zugunsten der Hagener Straßenbahn fällt überdies Jahr für Jahr besser aus, weil immer wieder neue Fahrzeuge mit besserer Umweltbilanz angeschafft werden. Dazu sollen auch in naher Zukunft solche mit Elektroantrieb zählen.
28 MG STICKOXIDE
PRO BUS-FAHRTKILOMETER BEI DURCHSCHNITTLICH 20 BEFÖRDERTEN PERSONEN
Konzept bis Nikolaus
Für eine noch größere Rolle des ÖPNV in Hagen hat der „Arbeitskreis Öffentlicher Personennahverkehr“ zwar bereits einige Ideen gesammelt. Es fehlt jedoch ein Konzept, das sie sinnvoll zusammenfügt. An die Hagener Straßenbahn ergeht daher der Auftrag, einen solchen Plan zu entwickeln. Am Nikolaustag 2018, nach nur drei Monaten, legt das Unternehmen dem Rat seine Überlegungen vor. Leiter Philippe Staat hat mit seinem Team des Bereiches „Leistungsangebot“ ganze Arbeit geleistet: Das Netz in Hagen wird komplett neu gedacht, es gibt „saubere Takte“, weniger Wartezeiten und deutlich mehr Fahrten am Wochenende und in den Abendstunden. Es ergeben sich neue Verbindungen, die alte Probleme lösen. Das neue Konzept aus einem Guss vermeidet teure Einzelmaßnahmen. Aber es kostet insgesamt schon eine Menge: rund vier Millionen Euro jährliche Zusatzkosten, so schätzen die Experten. „Bei dem Preisschild hat der Kämmerer erst einmal auf die Bremse getreten“, erinnert sich Verkehrsplaner Hartmut Koch, der das Konzept mitpräsentierte. „Aber wir bekamen viel Lob für die faszinierenden Ideen.“ Immerhin beschließen die Politiker schon einmal einige kleinere, weniger kostspielige Verbesserungen für den Fahrplanwechsel zum Sommer.
Warten und zählen
Ob er den „großen Wurf“ eines komplett überarbeiteten Fahrplans beschließen würde, lässt der Hagener Rat bis in den Mai 2019 offen. Für die HST heißt das, einerseits schlicht zu warten, andererseits für den Fall der positiven Entscheidung bereit zu sein und Vorbereitungen zu treffen. Denn die Zeit bis zum 15. Dezember wird sehr knapp. An diesem Tag wechselt regelmäßig nicht nur der Fahrplan der Hagener Straßenbahn, sondern auch bei weiteren Verkehrsunternehmen und im Schienenverkehr. Gravierende Veränderungen sind daher nicht nur rechtzeitig umzusetzen, sondern auch mit den anderen Betrieben abzustimmen. Dies soll ganz zum Schluss noch fast zu einer Panne führen. Was aber jetzt zu beantworten ist: Wie viele ZusatzKilometer fahren denn nun die Busse in Hagen, wenn der neue Plan kommt? Im Konzept ist das noch nicht exakt hinterlegt, dafür fehlte bis zum Nikolaus einfach die Zeit. An der Antwort hängt auch die Frage, wie viele zusätzliche Fahrzeuge und vor allem zusätzliche Fahrer*in gebraucht werden. „Wenn man sich da nur um einige hundert Meter verrechnet, ergibt das aufs Jahr betrachtet eine größere falsche Kilometer-Summe“, erläutert Verkehrsplaner Hartmut Koch.